Hier entsteht eine Liste von geläufigen Kunstbegriffen sowie stilgeschichtlichen Ausdrücken. Die Begriffe werden kurz und einfach erklärt und haben keinen Vollständigkeitsanspruch. Die Liste wird mit jedem neuen Beitrag ergänzt. Die verwendete Literatur findest du im dazugehörigen Artikel auf welchen ich jeweils hinweise.

Bellezza

Der Begriff Bellezza wird im Deutschen hauptsächlich mit Schönheit übersetzt und beispielsweise von Giorgio Vasari verwendet. Verwandte Begriffe sind die Anmut, der Liebreiz und die Perfektion. Wie dieser Begriff in der Kunst Anwendung findet, beschreibe ich in meinem Artikel über Raffael.

Chiaroscuro

Hell-Dunkel-Malerei für die vor allem der Künstler Michelangelo Merisi da Caravaggio bekannt wurde (siehe Artikel).

Christus Pantokrator

Pantokrator ist Griechisch und bedeutet übersetzt Herrscher des Alls, auch Weltenherrscher. Ein Gottestitel, abgeleitet aus dem Alten Testament und von den Kirchenvätern auf Christus übertragen. Zumeist sieht man Abbildungen des sogenannten Christus Pantokrator in der byzantinischen und der ostkirchlichen Kunst. Die Christusikone wird dabei meist frontal dargestellt in mittlerem Alter und ist oft halbfigurig (als Brustbild) und mit goldenem Kreuznimbus (Heiligenschein) zu sehen. Christus schaut den Betrachter direkt an und seine rechte Hand ist dabei entweder segnend erhoben oder er weist auf das Evangelienbuch, welches er in der linken Hand hält. Die Darstellung eines Christus Pantokrator befindet sich oftmals in oder in der Nähe der Apsis. Der Typus betont dessen Segensmacht, seine Weltherrschaft und seine Lehrautorität (siehe Artikel).

Frührenaissance in Italien: Natur als Lehrmeisterin

In Italien in der Zeit der Frührenaissance liefert die unmittelbare Auseinandersetzung mit der als nationales Erbe empfundenen antiken Kunst eine breite Grundlage für eine bedeutsame Stilentwicklung. Das Streben nach Wahrheit und Natürlichkeit wird in der Kunst immer wichtiger. Vermehrt beginnen die Künstler die Welt nicht mehr stilisierend abzubilden, sondern sie so darzustellen wie sie in Wirklichkeit ist. Dabei dient die Natur als grosse Lehrmeisterin. Aber auch die Darstellungsmöglichkeiten von Raum und Perspektive ändern sich. Es werden komplizierte Raumgebilde konstruiert und ausgefallene Blickpunkte gesucht.

Durch den Wirklichkeitsgedanken getragen dringen neue Bildelemente in die Malerei ein. So etabliert sich beispielsweise die Darstellung der Landschaft in sakralen Gemälden und der goldene Hintergrund wird gleichzeitig immer weniger zu sehen sein. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass sich die Kunst in ihrer Funktion erweitert. Ihre Verwendung ist nun nicht mehr ausschliesslich auf den kirchlichen Bereich beschränkt, sie wird zunehmend Gegenstand des individuellen Kunstgenusses. Dies wiederum führt zu einem internationalen Austausch der Kunst. Vielfach verkörpern dabei Höfe diese kulturellen Austauschzentren. Dort lassen sich nicht nur private Auftraggeber oder reiche Adlige, sondern auch Künstler untereinander von fremden Einflüssen inspirieren, so beispielsweise Pisanello (siehe Artikel).

Grazia

Der Begriff Grazia wird im Deutschen übersetzt mit Grazie oder Anmut und beispielsweise von Giorgio Vasari verwendet. Verwandte Begriffe sind die künstlerische Freiheit, die Erfindung, die Lässigkeit, der Liebreiz, die Perfektion und die Schönheit. Wie dieser Begriff in der Kunst Anwendung findet, beschreibe ich in meinem Artikel über Raffael.

Historien- vs. Herrscherbilder

Historische Bilder zeigen ein reales Ereignis; ein Ereignis also mit historischem Kontext. Ein Herrscherbild dagegen kann sowohl ein reales als auch ein fiktives Ereignis darstellen. Ein Herrscher benutzt ein solches Bild als Mittel zur Repräsentation und zur Glorifizierung seiner Taten. Er setzt durch diese Darstellungen eine Art Denkmal. Um seine Heldentaten noch stärker hervorzuheben, kann der Herrscher die Bilder durch Texte ergänzen lassen oder Historiker und Gelehrte beauftragen Texte über ihn zu schreiben. Genau dies ist beispielsweise beim Herrscher Timur Lenk der Fall (siehe Artikel) – er nutzt die Kunst als Selbstdarstellung, Propaganda und Repräsentation seiner Taten.

Maria lactans

Die Darstellung einer Maria lactans, auch stillende Gottesmutter oder Galaktotrophousa genannt, ist keine Neuentdeckung des Christentums, vielmehr eine christliche Re-Interpretation des seit Jahrtausenden bekannten Themas des Stillens. Bereits die Ägypter stellten die Göttin Isis stillend dar. Diese ägyptischen Illustrationen könnten somit auch als Vorbild für die Darstellung einer Maria lactans gedient haben. Der griechische Begriff Galaktotrophousa heisst übersetzt «die Milchnährende». Und genau dies wird in Abbildungen zu Maria lactans dargestellt – Maria reicht dem Jesuskind ihre Brust. Im 20. Jahrhundert haben solche Darstellungen für viele Debatten gesorgt, sowohl archäologisch als auch kunsthistorisch (siehe Artikel).

Orans oder Orante

Eine Person, meist frontal abgebildet, mit erhobenen Armen und gut sichtbaren Handinnenflächen. Es ist ein Ausdruck der Pieta bzw. der Frömmigkeit. Die Haltung wiederspiegelt die Darstellung des Kreuzes und somit die Angleichung an Christi. Vielfach werden Märtyrer als Oranten abgebildet, siehe dazu meinen Beitrag zum Heiligen Apollinaris von Ravenna.

Orphischer Kubismus

Diese eigenständige kubistische Stilrichtung entwickelt der Dichter und Schriftsteller Guillaume Apollinaire in seinen Schriften durch die Analyse kubistischer Denkart. Robert Delaunay gehört zu den Hauptvertretern des sogenannten kubistischen Orphismus (siehe Artikel). Er setzt dabei den Fokus auf ‚reine Farben‘.

Primitivismus

Der Primitivismus entsteht zu Beginn des 20. Jahrhunderts und wird als Stil- und Epochenbezeichnung gesehen – ähnlich den Stilbegriffen des «Fauvismus» oder des «Impressionismus». Dabei dienten afrikanische und asiatische Werke, welche über die Kolonien nach Europa kamen, den westlichen Künstlern als Inspirationsquelle (Weltausstellung in Paris von 1867 und 1889). Eine wichtige Rolle spielt dabei die Reduktion auf das Wesentliche sowie die Vereinfachung der Formen, deren Abstrahierung und Stilisierung. Berühmte Vertreter des Primitivismus sind Amedeo Modigliani, Pablo Picasso, Constantin Brancusi oder André Derain. All jene Pariser Avantgarde-Künstler interpretieren die archaischen und aussereuropäischen Werke auf ihre Weise. Eines haben sie jedoch gemein: Sie brechen radikal mit der europäischen, akademischen Bildtradition. Der Begriff der «Primitiven» unterstellt, dass die Künstler ähnlich den byzantinischen Ikonenmalern, archaischen Tradtionen folgen. So bringt man beispielsweise die afrikanische Plastik in Verbindung mit der Formensprache der Ägypter. 1905 entdeckt die Pariser Avantgarde diese Kunst für sich. Derain nennt diese Mode später «Archaiomanie» – die Besessenheit vom Archaischen. Was man bis zum Ersten Weltkrieg «art nègre» nennt, wird später mit «Les Primitifs» beschrieben. Von der afrikanischen Plastik inspiriert, malt Modigliani beispielsweise das spitze Kinn, den kleinen Mund und die zugespitzten Lippen. Den langestreckten Hals sowie die keilförmige Nase gehen auf die Inselidole der Kykladen zurück; die Haartracht auf die ägyptische Kunst.