Hier entsteht eine Liste von bekannten griechischen und römischen Göttern und ihren Abenteuern. Die Götter werden kurz vorgestellt und haben keinen Vollständigkeitsanspruch. Die Liste wird mit jedem neuen Beitrag ergänzt (schaue dir auch meine Instagram-Beiträge dazu an).
Jupiter (röm.), Zeus (griech.)
Jupiter ist zwar mächtig, aber nicht allmächtig; er ist klug, aber nicht allwissend. Seine Macht zeigt er, indem er Konkurrenten bestraft, Wolken zusammenballt, Blitze schleudert oder sich in verschiedenste Gestalten verwandelt. Letzteres kommt ihm in seinen zahlreichen Liebesabenteuern zugute. Heutzutage kennen wir ihn meist nur in Verbindung mit seiner offiziellen dritten Ehefrau. Die Charakterzüge des Gottes sind wankelmütig: Als erotischer Verführer bekannt, kann er durchaus auch gemein und hinterhältig sein. Als Herrscher der Weltordnung spendet er alles Gute, aber auch alles Böse. Später versuchen Philosophen vor allem seine Macht und Würde zu betonen und das Tückische zu mildern. Die riesige Statue, die Pheidias ihm zu Ehren geschaffen hat, zählte zu den sieben Weltwundern. Man bezeichnet ihn auch als den Gott der Götter, den Göttervater, den Gott des Himmels und des Wetters. Jupiter wird gleichgesetzt mit dem griechischen Zeus. Er ist Sohn der Rheia und des Kronos und wird in einer Höhle im Idagebirge auf Kreta zur Welt gebracht. Seine Mutter gibt ihrem gefrässigen Ehemann Kronos einen in Windeln gewickelten Stein, so dass er Jupiter nicht verschlingt. Dieser Stein liegt ihm dann so schwer im Magen, dass er ihn mitsamt den bereits verschlungenen Kindern wieder ausspeit. Jupiter hat keinen einfachen Start ins Leben, denn als erstes muss er seinen Vater entmachten mitsamt den Titanen, die Kronos zur Hilfe geeilt sind. Den Kyklopen verdankt Jupiter übrigens Blitz und Donner. Nach dem Titanensturz muss er zusammen mit seinen Brüdern Poseidon und Hades die Giganten besiegen und das hundertköpfige Ungeheuer Typhon. Dann endlich hat er genug Zeit für seine Liebschaften. Seine erste Ehefrau ist Metis, die Zweite Themis und die Dritte Juno (Hera). Aus diesen Bündnissen gehen unter anderem Kinder wie Athene, die Horen und die Moiren, Demeter, Persephone, die Chariten, die neun Musen sowie Ares und Hebe hervor. Durch die Gabe der Verwandlung verführt er zusätzlich zahlreiche sterbliche Frauen, die ihm unzählige weitere Kinder gebären. Diese Liebschaften erweisen sich dann auch in der Kunst als besonders beliebtes Thema. Es gibt so viele Liebesgeschichten von Zeus, dass ich mich hier auf die Erzählung von Dreien beschränken muss 🙂
Bild: Geburt Jupiters, Andrea Meldolla, gen. Schiavone, um 1542-44 © Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie.
Jupiter und Danae
Danae ist die Tochter des Akrisios. Dieser hat keinen männlichen Erben und befragt deshalb ein Orakel, welches ihm verkündet, dass der Sohn seiner Tochter ihn töten werde. Daraufhin schliesst er seine Tochter in ihr Zimmer ein. Doch Zeus kommt als goldener Regen durchs Dach, schwängert Danae und sie gebärt Perseus. Ihr Vater glaubt die Geschichte mit dem Goldregen nicht, sperrt seine Tochter samt Kind in eine Kiste ein und wirft sie ins Meer. Angeschwemmt auf der Insel Seriphos nimmt sich der Fischer Diktys Danae und Perseus an und beschützt sie. Die Geschichte der Danae beflügelt zahlreiche Künstler, Musiker und Dichter, so beispielsweise die Oper «Die Liebe der Danae» von Richard Strauss (1952), Gustav Klimt’s sehr erotische «Danae» (1907-08) oder Tizian’s «Danae» (nach 1554), wo es goldene Münzen von oben auf Danae regnet und eine alte Frau, vermutlich eine Amme, versucht einige Münzen aufzufangen.
Jupiter und Europa
In der Geschichte von Jupiter und Europa verwandelt sich Zeus in einen Stier und entführt Europa, die Tochter des phönizischen Königs Agenor, über das Meer nach Kreta. Eine erste Überlieferung der Erzählung finden wir in Ovids Metamorphosen. Vor allem vom 16. bis ins 20. Jahrhundert findet das Thema Anklang unter den Künstlern, wobei das Thema des «Raubes» manchmal dramatisch, manchmal lieblich dargestellt wird. Fakt ist, dass die arme Europa entführt wird und nicht freiwillig mitgeht. In der Kunst gibt es durchaus geistreiche Variationen der Legende, so beispielsweise im Tanzspiel «Europa» von Georg Kaiser, welches 1920 in Berlin uraufgeführt wurde oder in der Oper «Die Entführung der Europa» (1927) von Darius Milhaud. Europa ist übrigens die Mutter von Minos, König und erster Gesetzgeber von Kreta, welcher wiederum der Stiefvater des Minotaurus ist für den Daidalos das berühmte Labyrinth gebaut hat.
Jupiter und Io
Io ist eine Nymphe und die Tochter des Flussgottes Inachos. Sie wird von Zeus vergewaltigt. Kurz bevor seine eifersüchtige Ehefrau Hera eintrifft, verwandelt er sie in eine Kuh (andere Legenden berichten, dass Hera sie verwandelt). Er schwindelt ihr vor, dass die Kuh eben aus der Erde hervorgekommen sei, wobei Hera ihren Mann natürlich besser kennt. So fordert Hera das Tier für sich und lässt es von Argos bewachen. Hermes tötet zwar Argos, doch hat das Leiden der Io noch kein Ende. Hera schlägt sie mit Wahnsinn und jagt sie um die ganze Welt. Als sie in Ägypten kläglich muhend zusammenbricht, bittet Zeus seine rasend eifersüchtige Gattin um Gnade. Io erhält ihre Menschengestalt wieder und wird fortan in Ägypten als Göttin Isis verehrt. Was hat der unser schöner Tagfalter, das Pfauenauge, mit Io zu tun? Linné, dessen Namensgeber, dachte an die schönen grossen Augen einer Kuh und gab dem Falter den lateinischen Namen Vanessa Io. Die dramatische Geschichte von Jupiter und Io inspiriert wiederum zahlreiche Künstler. Übrigens wurde sowohl das Ionische Meer als auch der Bosporus (griech. für Rinderfurt) nach der Nymphe benannt.
Bilder: 1) Danae, Tizian, nach 1554. 2) Europa auf dem Stier, Hendrick van Balen, 1625-32. 3) Jupiter übergibt Juno die in eine Kuh verwandelte Io, David Teniers d. Ä., 1638. © Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie.
Juno (röm.), Hera (griech.)
Juno ist eine eifersüchtige Göttin, die schmollend oder mit Gezänk die Liebschaften ihres Ehemannes erduldet. Sie ist die Schutzgöttin der Ehe und des Hauses sowie die Wächterin über die eheliche Sexualität. In manchen Teilen Griechenland wird sie auch als Geburtsgöttin verehrt. Als Tochter des Kronos und der Rheia ist ihr Ehemann Jupiter ihr Gatte und Bruder zugleich. Einmal im Jahr vereinigt sie sich mit Jupiter auf der Insel Samos unter einem Lygosbaum. Dies wird in der Kunst als die «Heilige Hochzeit» bezeichnet. Ihre Jungfräulichkeit wird durch ein Bad im Fluss Imbrasos wieder erneuert. Die zahlreichen Liebschaften ihres Mannes nimmt sie alles andere als gelassen hin und verfolgt seine Gespielinnen und deren Kinder mit ihrem Hass und ihrer List. Selten kommt eine Liebschaft ungeschoren davon. So verwandelt sie beispielsweise Io in eine Kuh und lässt sie von Argus bewachen (kennst du den Spruch «jemanden mit Argusaugen bewachen?). Als dieser von Hermes getötet wird, nimmt sie dessen Augen und schmückt damit den Schweif ihres geliebten Pfaus. Ihre vier Kinder mit Zeus heissen Ares, Hebe, Eileithyia und Hephaistos. Abgebildet wird sie oft mit einer Krone oder einem Diadem, einem Zepter sowie einer Opferschale. Ihre Attribute sind der Kuckuck, der Pfau und der Granatapfel (als Symbol der Fruchtbarkeit).
Bild: Jupiter und Juno auf dem Berge Ida, Detail, James Barry, um 1790-99 © Sheffield City Museum and Mappin Art Gallery, aus: Wikimedia.
Merkur (röm.), Hermes (griech.)
Wir assoziieren den Gott mit Handel und Wandel, was heute noch aus zahlreichen Hotel- und Firmennamen hervorgeht. Gleichzeitig geht er als Rinderdieb in die Geschichte ein, hilft seinem Vater bei allen möglichen Liebesabenteuern und ist ein cleverer Wortverdreher. Man kann fast behaupten, er sei der vorwitzigste und gerissenste aller Götter. Das Fremdwort «hermetisch» (verschlossen) geht auf ihn zurück, genauso wie die Kunst der Textauslegung, «Hermeneutik» genannt. Es handelt sich natürlich um Merkur – auch bekannt als der «Götterbote» sowie als der Gott der Händler und der Diebe, wurde von Letzteren dementsprechend verehrt. Auf das lateinische Wort «merx», Ware, geht sein Name zurück. Als Sohn des Zeus ist er erfinderisch, keck und verschlagen. Am Tag seiner Geburt klettert er aus der Wiege und bastelt aus dem Panzer einer Schildkröte ein Musikinstrument – die Lyra. In derselben Nacht macht er sich auf, um die Rinderherde seines Bruders Apollon zu stehlen. Hätte ein alter Bauer diese Tat nicht Apollon berichtet, würde dieser wohl heute noch seine Rinder suchen. Er findet seinen Bruder unschuldig in der Wiege liegend. Als Wiedergutmachung schenkt Merkur seinem Bruder die Lyra. Mit seinem goldenen Zauberstab kann der Gott alle Wesen in einen tiefen Schlaf versetzen. Der Stab gehört zu seinen Attributen, genauso wie die Flügelschuhe mit denen er Botschaften übermittelt. Als weitere Attribute zählen ein Geldbeutel und ein Reise-Hut, denn er ist auch der Gott des glücklichen Fundes und des schnellen Gewinnes. Zwar ist er ein Rinderdieb, zählt aber gleichzeitig als Beschützer der Herden. Er begleitet Orpheus und Eurydike auf ihrem Weg zur Unterwelt und tötet den hundertäugigen Wächter Argos.
Bilder: 1) Hermes Kriophoros mit Widder, spätrömische Marmorkopie des Kriophoros von Kalamis © Museo Barracco, Rom, aus: Wikimedia, 2) Landschaft mit Merkur und Argus, Detail, Jan Both, um 1650 © Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie.
Minerva (röm.), Athene (griech.)
Ihr Ehrenname lautet Pallas Athene und sie ist die Schutzgöttin und Namensgeberin der griechischen Stadt Athen. Minerva ist ihre römische Namensbezeichnung. Sie ist die Göttin der Weisheit, des Handwerks und der Wissenschaft, aber auch des Krieges. Als Tochter des Zeus, die aus seinem heiligen Haupt geboren wurde, gehört sie zu den zwölf Göttern des Olymps. Oftmals wird sie in kriegerischer Rüstung dargestellt. Gemäss Hesiod ist Athene die Tochter der allwissenden Metis, die nur überkluge Kinder hervorbrachte. Bereits im Leibe ihres Vaters verkündete Athene ihm das Gute und das Böse. Sie wird als unerschrockene Heldin dargestellt, die vor allem durch ihre Klugheit triumphiert. Die Stadt Troja kann erst eingenommen werden als ihr Bild, das Palladion, geraubt wird und die Göttin sich zeitgleich von der Stadt abwendet, da sich der Held Paris im Schönheitswettbewerb gegen sie entschied.
Die Göttin ist aber auch sehr leicht zu kränken, denn sie ist eitel. Gleichzeitig bereichert sie das Leben der Menschen durch Erfindungen und lehrt unter anderem den Zimmerleuten den Schiffbau. Ihr heiliger Vogel ist die Eule, die als besonders klug gilt und somit zur Göttin der Weisheit passt. Der ewigen Jungfrau war zudem der wichtigste Tempel auf der Akropolis geweiht, der Parthenon. Leider sind viele der antiken Statuen von ihr verschwunden und leben nur noch in Büchern weiter. Spektakulär wird oft die Geburt der Göttin dargestellt: Sie entspringt aus dem Haupt des Zeus, wobei Hephaistos, der Gott der Schmiede und des Feuers, Geburtshilfe leistet mit einer soliden Axt.
Bild: Geburt der Pallas Athene aus dem Kopf des Zeus, aus: Meier, Michael: Atalanta Fugiens, Oppenheim 1618.
Minerva und Arachne
Klug, eitel und etwas leicht zu kränken – so die zugeschriebenen Charaktereigenschaften der Göttin Athene. Doch ausgerechnet Arachne übertrifft die ehrgeizige Gottheit im Weben und im Spinnen. Die Weberin aus Kolophon in Lydien fordert Minerva zum Wettkampf heraus und gewinnt. Ihren Hochmut bezahlt die Weberin jedoch mit einem hohen Preis. Minerva, zutiefst erbost und neidisch auf die gute Leistung der Arachne, verwandelt sie kurzerhand in eine hässliche Spinne – und in dieser Form webt sie bis heute weiter. Übrigens: Kennst du den Begriff Arachnophobie? Übersetzt heisst der Begriff «Spinnenangst» und hat seinen Ursprung genau aus dieser Geschichte.
Minerva und Marsyas
Die Göttin Minerva erfindet die Doppelflöte, wirft sie jedoch weg als sie ihr Spiegelbild in einem See sieht, denn die geblähten Backen gefallen ihr nicht. Der Satyr Marsyas nimmt das verschmähte Instrument an sich – letztlich zu seinem Schaden. Er erlernt das Spielen dieses Instrumentes bis hin zur Perfektion und als er von seiner Fähigkeit überzeugt ist, fordert er den Gott Apollon zum Wettkampf heraus. Die Musen sind bei dieser Geschichte die Schiedsrichterinnen. Zunächst sieht es gut aus für Marsyas und er ist Apollon in seiner Spielkunst überlegen, doch dann fügt der Gott den Gesang hinzu und die Musen entscheiden sich für Letzteren. Zur Strafe hängt Apollon Marsyas an einer Fichte auf und häutet ihn bei lebendigem Leibe. Aus seinem Blut entspringt der gleichnamige Fluss.
Bilder: 1) Athene und Marsyas, Botanischer Garten, Kopenhagen, Wikimedia, 2) Pallas und Arachne, Peter Paul Rubens, 1636-37 © Virginia Museum of Fine Arts.
Mars (röm.), Ares (griech.)
Der Kriegsgott Mars gehört zu den zwölf olympischen Gottheiten und ist der Schutzgott von Rom, denn er gilt als Vater von Romulus. Als Zeichen seiner Gunst lässt er einen Schild, das ancile, vom Himmel fallen an dessen Besitz Roms Glück gebunden war. Dieser Schild wurde im Haus des obersten Priesters verwahrt und bei Umzügen zu Ehren des Mars präsentiert. Ausserhalb der Stadtmauern auf dem Marsfeld stand sein Altar. In der Frühzeit sammelt sich dort das römische Heer und es finden militärische Übungen und Rituale statt. Mars wird gleichgesetzt mit dem griechischen Gott Ares und ist der eheliche Sohn von Jupiter und Juno. Seine Mutter soll ihn gemäss Legenden am 1. März zur Welt gebracht haben. Zusammen mit der Stammmutter der Iulier, nämlich Venus, zeugt er einen Sohn, Amor genannt. Der Gott gilt als unersättlich und blutrünstig. Am liebsten hält er sich bei den barbarischen Thrakern oder bei den kriegerischen Amazonen auf. Bei den Griechen genoss er kaum kultische Verehrung im Gegensatz zu den Römern. Der Monat März wird nach ihm benannt. Er gilt als gutes Beispiel dafür, dass rohe Kraft allein nichts nützt. Die Göttin Athene ist ihm nämlich haushoch überlegen, was sich im Trojanischen Kampf zeigt. Oftmals symbolisiert der Wolf den Gott Mars, aber auch der Stier und der Specht sind seine heiligen Tiere. Seine Verehrung wird durch das Christentum vollständig ausgerottet, doch in Personennamen wie Marcus lebt er weiter.
Bilder: 1) Artus Quellinus, 1653-54 © Stichting Koninklijk Paleis Amsterdam, 2) Teppich Venus und Mars werden von Vulcanus überrascht, 16. Jh. © Machado de Castro National Museum, Coimbra, Portugal, aus: Google Arts & Culture.
Vulcanus (röm.), Hephaistos (griech.)
Vulcanos wird dem griechischen Hephaistos gleichgesetzt und ist der eheliche Sohn von Jupiter und Juno. Er ist der kunstfertigste unter den Göttern, wird jedoch lahm geboren, weshalb ihn seine Mutter ins Meer wirft. Dort wird er von der Meeresgöttin Thetis aufgefangen und gepflegt. Als Dank für seine Rettung schmiedet er später ihrem Sohn Achilleus, der grösste Held der Griechen im Kampf um Troja, Waffen. Auch sein Vater behandelt ihn nicht gerade zimperlich und schleudert ihn vom Olymp. Einen ganzen Tag fliegt er durch die Lüfte bis er die Insel Lemnos erreicht, wo der Gott besondere Verehrung erfährt. Der Gott Bacchus bringt ihn wieder zurück in den Olymp. Trotz der schlechten Behandlung durch seine Eltern fertigt er verschiedensten Göttern herrliche Kunsthandwerke und Waffen an, so beispielsweise den Sonnenwagen für Helios oder den Gürtel der Venus, seiner Frau, die ihn mit Mars betrügt während seiner Arbeitszeit. Unter den Göttern geht er als gehörnter Ehemann in die Geschichte ein.
Bilder: 1) Venus in der Schmiede. Jan Brueghel d. J., 1617 © Grohmann Museum, Milwaukee, USA, aus: Google Arts & Culture, 2) Thetis empfängt von Hephaistos die Waffen für Achill, Anthonis van Dyck, um 1630-32 © Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie.
Venus (röm.), Aphrodite (griech.)
Man nennt sie auch die «Schaumgeborene», wunderbar dargestellt von Botticelli. Ihren ungeliebten Ehemann Hephaistos hintergeht sie mit dem Kriegsgott Ares. Wirkungsvoll weiss sie ihre Reize einzusetzen – vor allem beim Urteil des Paris. In der Kunst wird kaum eine Göttin so oft abgebildet wie sie. Kein Wunder, denn sie kann man durchaus halb-nackt darstellen und sie sich als erotisches Gemälde ins Schlafzimmer hängen. Es handelt sich natürlich um Venus. Sie ist die Göttin der Liebe, der Fruchtbarkeit und der sinnlichen Begierde. Keiner kann ihren Reizen widerstehen. Sie versinnbildlicht sie Schönheit schlechthin. Gleichzeitig ist sie die «Herrin der Tiere», da sie als Fruchtbarkeitsgöttin das Verlangen sich zu paaren in allen Tieren erweckt. Sie gehört zu den zwölf olympischen Gottheiten. Die Göttin kann Liebe geben und nehmen, denn ihre Gabe ist «süss und bitter zugleich» wie es Lucas Cranach d. Ä. treffend abbildet. Amor wird in Dichtungen als unbändiger Sohn der Venus und des Mars beschrieben. Ihre unwiderstehlichen Reize verdankt sie einem magischen Gürtel, welcher ihr Mann Vulcanus für sie aus Edelsteinen und Gold gefertigt hat. Antike Schriftsteller sehen den Ursprung des Venus-Kults im Vorderen Orient. Hier gehen heute die Meinungen auseinander. Die Attribute der Venus sind meist Tiere und Blumen. Oft wird sie umgeben mit Tieren wie dem Schwan oder der Taube. Viele Abbildungen zeigen sie auch mit einem Spiegel, der ihre Schönheit reflektiert. Zahlreiche aphrodisierende Pflanzen werden mit ihr in Verbindung gebracht, so beispielsweise der Granatapfel, die Mohnblume oder die Rose.
Bild: Die Geburt der Venus, Sandro Botticelli, 1483-85 © Uffizien, Florenz, aus: Google Arts & Culture.
Venus und das Urteil des Paris
Welche der drei Göttinnen ist die Schönste? Das Urteil des Paris ist wohl eine der bekanntesten Geschichten aus der Mythologie. Die Legende beginnt damit, dass alle Götter zur Hochzeit des Peleus und der Thetis eingeladen sind, alle bis auf Eris, die Göttin der Zwietracht. Erbost wirft diese einen goldenen Apfel vor die Türe auf welchem steht «für die Schönste». Nun bricht zwischen Hera, Athene und Venus ein Streit aus, denn jede will den Apfel für sich beanspruchen. Paris, Sohn des Königs von Troja, wird von Zeus als Schiedsrichter auserwählt. Jede der Göttinnen versucht den unschuldigen Jüngling zu bestechen, wobei Hera ihm die Herrschaft über die Welt, Athene die Weisheit und Venus die Liebe der schönsten Frau der Welt anbietet. Bekanntlich entscheidet er sich für Letztere. Doch hier fängt sein Leid an, denn die schönste Frau ist Helena, die Ehefrau des Menelaos, dem König von Sparta. Und mit dem Raub der Helena fängt die Tragödie des Trojanischen Krieges an. Hätte er sich doch bloss für die Weisheit entschieden…
Bild: Das Urteil des Paris, um 1636, Peter Paul Rubens © National Gallery, London.
Venus und Mars
Nicht ohne eine Prise Humor stellt der Maler Tintoretto den Ehebruch der Venus mit Mars dar. Der gehörnte Ehemann Vulcanus untersucht das Bett seiner Frau Venus, während sich der Kriegsgott Mars in voller Rüstung unter dem Tisch versteckt. Leider nützt ihm das gute Versteck nichts, da das kläffende Hündchen ihn verrät. In einer anderen Variante der Geschichte wird Venus in flagranti von ihrem Ehemann Vulcanus überrascht, der – kunstfertig wie er ist – ein goldenes Netz über die beiden Liebenden wirft, sie so gefangen hält, andere Götter herbeiholt, welche dann gemeinsam in das so genannte «Homerische Gelächter» ausbrechen (Homer, Odyssee). Wie auch immer sich die Geschichte abgespielt hat, Fakt ist, dass Venus ihren ungeliebten, hinkenden Ehemann sowohl mit Unsterblichen als auch mit Sterblichen hintergeht.
Bild: Vulkan überrascht Venus und Mars, Jacopo Tintoretto (Jacopo Robusti), um 1555 © Alte Pinakothek München.
Bacchus (röm.), Dionysos (griech.)
Die ausschweifende Verehrung dieses Gottes in nächtlichen Festen veranlasste 186 v. Chr. den römischen Senat zu rigorosen Massnahmen. Gemäss Quellen sollen rund 7000 Menschen aufgrund des Ermächtigungsgesetzes des Senats bestraft worden sein, die meisten mit dem Tod. Bei diesen Festen waren sexuelle Ausschweifungen und Ritualmorde keine Seltenheit. Trotz dieser drakonischen Massnahmen wurde der Gott weiterhin verehrt – nun vermehrt im «Geheimen» bzw. im Privaten.
Selten wurde ein Gott so verehrt wie Bacchus – der Gott des Weines, der Ekstase, des Rausches und der Fruchtbarkeit. Siegreich verbreitet er seinen Kult bis nach Indien. Als so genannte «Bacchantinnen» oder «Mainaden» (oder Mänaden, Rasende) feierten die Frauen in Griechenland ihren Gott in rauschhafter Verzückung. Eine schöne Schilderung dieses orgiastischen Treibens gibt der Dichter Catull (carmen 64, 255-264): Mit Jubelgeschrei und Lärminstrumenten sollen die nur in Fellen bekleideten Mainaden durch die Wälder gestreift sein und rohes Fleisch von jungen Wildtieren gegessen haben.
Sein Vater ist Zeus. Wer seine Mutter ist, bleibt unklar – Legenden schlagen unter anderem Semele, Lethe oder Demeter vor. Die ewig eifersüchtige Gattin von Zeus, Hera, macht dem Gott das Leben dementsprechend schwer und so berichten Mythen über zahlreiche Widerstände mit denen der Bacchus fertig werden musste. Stets wird er als Eindringling in den Kreis der olympischen Götter empfunden. Meist wird der Gott mit Weinranken und -trauben oder mit Efeu bekränzt dargestellt mitten in einem rauschenden Fest. Zu seinen Attributen gehören auch Panther- oder Tigerfelle sowie Ziegen. Übrigens lebt der Name des Gottes bis heute fort in abgewandelter Form als «Denis».
Bilder: 1) Saint Jean-Baptiste, known as Bacchus, Detail, (Schule von) Leonardo da Vinci, ca. 1510-1515 © Musée du Louvre (Wikimedia). 2) Bacchus, Michelangelo Merisi da Caravaggio, um 1596 © Uffizien, Florenz (Wikimedia).
Bacchus und Semele
Der bekanntesten Legende nach ist Bacchus Sohn der Semele und des Zeus, welcher sich in menschlicher Gestalt einer Liebschaft der menschlichen Königstochter von Theben hingab. Die eifersüchtige Hera überredet Semele, dass sie Zeus bittet, sich in seiner wahren Gestalt zu zeigen. In Form eines Blitzes zeigt sich der Gott und verbrennt so die bereits schwangere Semele. Zeus nimmt das Kind zu sich und näht es in seinen eigenen Schenkel ein. Dies geht in die Geschichte als «Schenkelgeburt» ein und Dionysos wird auch als der «zweimal Geborene» bekannt. Durch diese Geburt wird zudem seine Göttlichkeit und Unsterblichkeit festgelegt.
Bild: Tod der Semele, Detail, Peter Paul Rubens, vor 1640 © Musées Royaux des Beaux-Arts, Belgien (Wikimedia).
Bacchus und die Nymphen
Es existieren verschiedene Geschichten über Bacchus und seinen Aufenthalt bei den Nymphen. Eine davon berichtet, dass der Gott auf dem Berg Nysa geboren und von Zeus in eine Ziege verwandelt wird, um zu vermeiden, dass Hera ihn tötet. Die Nymphen des Berges pflegen den verwandelten Gott und füttern ihn mit Honig und Milch. In einer anderen Geschichte wird er statt in eine Ziege verwandelt, als Mädchen verkleidet. Eine weitere Legende berichtet, dass der unbarmherzige König Lykurgos die Nymphen des Berges auspeitschen lässt und von ihrem zu Hause vertreibt. Bacchus kann sich mit einem Sprung ins Meer retten und wird von der Göttin Tethys, der Herrin der See, aufgezogen. Als junger Mann herangewachsen, rächt sich Bacchus an Lykurgos, indem er ihn mit Wahnsinn bestraft und letzterer alle seine Verwandten tötet und zum Schluss selbst ein tragisches Ende findet.
Bild: Merkur übergibt Bacchus den Nymphen von Nysa, Jacques François Courtin (Datierung unbekannt), © Musée des Beaux-Arts d’Arras, Frankreich (Wikimedia).
Bacchus und Ariadne
Ariadne ist die Tochter des Königs Minos von Kreta. Der erste Teil ihrer Geschichte ist bekannt: Ariadne gibt dem Helden Theseus ein Schwert und ein Garnknäuel, um das auf Kreta lebende Stier-Ungeheuer, den Minotaurus, im Labyrinth zu besiegen. Theseus verspricht Ariadne zuvor sie zur Frau zu nehmen, sofern er das Abenteuer überlebt. Er hält sein Versprechen und tritt mit ihr die Heimreise nach Athen an. Nun fängt der zweite Teil ihrer Geschichte an, wobei es verschiedene Versionen davon gibt. Bei einem Zwischenhalt auf der Insel Naxos schläft Ariadne ein und Theseus lässt sie alleine. Nun erscheint Bacchus, der sich ihrer annimmt und sie zu seiner Braut macht.
Von dieser Geschichte gibt es wie erwähnt verschiedene Varianten: Einmal wird Theseus als Treueloser dargestellt und Bacchus erscheint als Retter, ein anderes Mal wird Ariadne von Bacchus geraubt, dann wiederum lässt Artemis Ariadne töten und Bacchus lässt sie wiederauferstehen oder Bacchus erscheint Theseus im Traum und sagt ihm, dass das Mädchen ihm gehöre.
Welche Version auch stimmen mag, am Schluss heiratet Bacchus Ariadne, er erhebt sie zur Göttin und sie fahren gemeinsam in seinem Wagen zum Himmel. Ende gut, alles gut 😉
Bild: Bachhus, Venus und Ariadne, Jacopo Tintoretto, 1576-77 © Palazzo Ducale, Venedig (Wikimedia).
Die Bacchanalien
Die so genannten «Bacchanalien» sind Feste, die zu Ehren des Gottes Bacchus im antiken Rom gefeiert wurden. In rauschenden Orgien verehrten die Bacchanten und Bacchantinnen über mehrere Tage seit dem 2. Jh. v. Chr. vor allem in der Frühlingszeit ihren Fruchtbarkeits-Gott. Die Tradition dieser Feste kam ursprünglich aus Kleinasien bzw. Griechenland. Der römischen Oberschicht war dieses Fest ein Dorn im Auge, da viele von ihnen strenge moralische Grundregeln befolgten. So wurden die Feste dann auch abrupt eingestellt im Jahr 186 v. Chr.. Das Fest wurde genehmigungspflichtig und musste vom Senat bewilligt werden. Die Geschichten dieser zügellosen Festivitäten inspirierten zahlreiche Künstler wie beispielsweise Tizian, Rubens oder Velázquez.
Bild: Der Triumph des Bacchus, Diego Velázquez, ca. 1628-29 © Museo del Prado, Madrid.
Diana (röm.), Artemis (griech.)
Diana ist die Jagd-, Mond- und Fruchtbarkeitsgöttin, die Herrin des Waldes, die Beschützerin der Gebärenden und somit die Hüterin der Frauen und Kinder. Ihre Eltern sind Zeus und Leto und sie ist die Zwillingsschwester von Apollon. Meist wird sie mit den Attributen Pfeil und Bogen dargestellt oder mit Tieren des Waldes wie beispielsweise einem Hirsch, einem Bär oder einem Eber. Unter den Pflanzen wird ihr das Wermutskraut (lat. Artemisia absinthium) zugeordnet. Als erste der beiden Zwillinge geboren, besagt die Legende, dass sie als Fruchtbarkeitsgöttin bereits ihrer Mutter bei der Geburt ihres Zwillingsbruders Apollon geholfen haben soll. Die Göttin symbolisiert die jungfräuliche Jägerin, die oft zusammen mit Nymphen im Wald anzutreffen ist. Sie ist eine unzähmbare, strenge Göttin, die nicht nur gibt, sondern auch nimmt. Diese Eigenschaft widerspielgelt sich in der Verehrung der Mondphasen.
Bild: Apollo und Artemis, ca. 470 v. Chr., Athen © Musée du Louvre, Paris.
Diana und Actaeon
Dem leidenschaftlichen Jäger Actaeon wird die Begegnung mit Diana zum Verhängnis, denn er erwischt sie zusammen mit ihren Nymphen beim Baden in einer Grotte. Die verärgerte Göttin verwandelt Actaeon in einen Hirsch, so dass er niemanden von der Begegnung erzählen kann. Doch durch die Verwandlung erkennen ihn seine Jagdhunde nicht mehr und so wird er von diesen kurzerhand zerfleischt. Den Moment der Überraschung, in dem Actaeon auf die nackten Badenden trifft, wird von Tizian wunderbar in Szene gesetzt. Tizian hat das Bild für den spanischen König Philipp II am Hof in Madrid erschaffen.
Bild: Diana und Actaeon, Tizian, 1556-59 © National Gallery London.
Diana und Niobe
Die Frauen der oberägyptischen Stadt Theben werden aufgerufen für die Titanin Leto Opfer darzubringen. Niobe, die Gemahlin des Königs Amphion, weigert sich mit der Begründung, dass sie selbst insgesamt 14 Kinder zur Welt gebracht hat und Leto nur zwei Kinder hat. Die gekränkte Gottheit schickt darauf ihre Kinder Diana und Apollon los, um die Kinder der Niobe umzubringen. Mit Pfeil und Bogen tötet Diana alle Mädchen und Apollon alle Knaben. Vor lauter Schmerz über ihren Verlust erstarrt daraufhin Niobe und Amphion begeht Selbstmord. Jacques-Louis David hält in der Kunst den Moment der Kindertötung fest.
Bild: Apollo und Diana attackieren die Kinder der Niobe, Jacques-Louis David, 1772 © Dallas Museum of Art.
Diana und Kallisto
Kallisto gehört zu den Lieblingsgefährtinnen von Diana. Doch als sie von Zeus verführt (je nach Legende vergewaltigt) und schwanger wird, verwandelt Diana sie in eine Bärin (je nach Legende wird die Bestrafung durch die Göttin Hera ausgeführt). Die Nymphe wird von der Göttin als Sternbild am Himmel – «Grosse Bärin» (grosser Wagen) – verewigt. Rubens stellt den Moment der «Beichte» der Kallisto wunderbar dar.
Bild: Diana und Kallisto, Peter Paul Rubens, ca. 1635 © Museo del Prado.
Apollon (röm.), Apollo (griech.)
«Der Strahlende» – als Sonnengott und Gott des Lichtes, der Heilung, der Weissagung und der Künste, insbesondere der Musik wird Apollon verehrt. Das Orakel in Delphi war ihm geweiht. Doch sein Image ist nicht ganz so rein wie es vermuten lässt, denn er ist auch der Gott der Bogenschützen und bekannt für seine unerbittliche Rachsucht. Seiner Schwester Diana hilft er die Kinder der Niobe zu töten. Er bringt sowohl Tod und Verderben, als auch Rettung und Schutz vor Gefahren. Bekannt sind vor allem seine musischen Wettkämpfe, beispielweise mit dem Hirtengott Pan. Als Sohn des Zeus und der Titanin Leto gehört er zu den zwölf Hauptgöttern im Olymp. In der Kunst wird er ab Mitte des 15. Jahrhunderts immer wieder auf Gemälden dargestellt – meist als schöner Jüngling mit lockigem Haar sowie mit Pfeil und Bogen oder mit einer Leier. Auf dem Höhepunkt der griechischen Apollon-Verehrung wird er als Sonnengott verehrt, so dass er teilweise die Rolle des «alten» Sonnengottes Helios übernimmt. Obwohl Apollon stets von seinen neun Musen begleitet wird, hat der Gott wenig Glück in der Liebe und geht wohl in die Geschichte als «verschmähter Liebhaber» ein.
Bild: Apollon-Statue aus dem Tiber, Palazzo Massimo alle Terme, Rom © Wikimedia.
Apollon und Daphne
Eros ist der «Übeltäter» dieser tragischen Geschichte, denn als ihn Apollon als schlechten Schützen bezeichnet, rächt er sich, indem er einen Liebespfeil mit einer goldenen Spitze auf Apollon abschiesst und auf Daphne einen Bleiernen. So verliebt sich Apollon unsterblich in Daphne. Diese jedoch wird für seine Gefühle unzugänglich. Daphne, die Tochter des Flussgottes Peneios, wird nun von Apollon verfolgt und bedrängt. Erschöpft von der Verfolgung bittet sie ihren Vater um Hilfe, der sie in einen Lorbeerbaum verwandelt. Untröstlich über das Ereignis ist der Lorbeer seither heilig für Apollon und er bittet seinen Vater Zeus, ihm den Baum zu schenken. In Gedenken an Daphne sieht man Apollon deshalb in Kunstwerken oftmals mit einem Lorbeerkranz geschmückt. Die Verwandlungsgeschichte von Ovid inspiriert zahlreiche Künstler wie die Maler Gianlorenzo Bernini und Giovanni Battista Tiepolo oder den Komponisten Richard Strauss.
Der Lorbeerbaum
In der Antike war der Lorbeerbaum dem Gott Apollon geweiht. Dieser schmückte sich nach der Verwandlung von Daphne stets mit einem Lorbeerkranz. Der Kranz galt als eine hohe Auszeichnung für sportliche oder geistige Leistungen, aber auch für Kriegshelden. In Abbildungen sind Caesar und Äskulap meist lorbeerbekränzt. In südeuropäischen Gegenden ist der Lorbeerbaum ein beliebter Zierstrauch. Selten ist es wildwachsend zu finden. Das ätherische Öl wird heutzutage vor allem bei Erkältungen eingesetzt, ist aber auch geistig anregend und nervenstärkend.
Bild: Apollo und Daphne, Gian Lorenzo Bernini, Villa Borghese, Rom, eigene Aufnahmen.
Apollon und Kyparissos
Kyparissos, ein schöner Jüngling von der griechischen Insel Keos, ist der Geliebte von Apollon. Der junge Mann schliesst eine enge Freundschaft mit einem wilden Hirschen und tötet diesen eines Tages aus Versehen. Kyparissos bittet Apollon ihn von seinem Leid zu befreien und ewig trauern zu dürfen. Der Gott verwandelt den Jüngling in eine Zypresse – einen Trauerbaum.
Bild: Cyparissus, Jacopo Vignali, um 1624/25 © Musée des Beaux-Arts, Strasbourg.
Apollon und Kassandra
Ihre Schönheit betört den Gott Apollon und so gibt er ihr die Gabe der Weissagung. Doch sie weist den Gott zurück. Er verwünscht sie, so dass niemand ihre Weissagungen glauben soll. Sie geht deshalb als tragische Heldin in die Geschichte ein, die zahlreiche Maler und Dichter wie Peter Paul Rubens oder Friedrich Schiller inspirierte. Ungehörte Warnungen werden noch heute als Kassandrarufe bezeichnet.
Bild: Die verzweifelte Cassandra vor der brennenden Stadt Troja, Evelyn de Morgan, 1898 © London De Morgan Centre.
Amor (röm.), Eros (griech.)
Diese Gottheit raubt den Menschen den Verstand und keiner kann ihm widerstehen, denn wer von seinem Pfeil getroffen wird, sieht die Welt entweder in Rosarot oder kann an den Rand der Verzweiflung getrieben werden.
Der Gott der Liebe, der als Personifikation der erotischen Begierde auch Cupido genannt wird, gehört zu den beliebtesten mythischen Figuren und inspirierte unzählige Künstler, Musiker und Literaten. Gemäss dem Dichter Hesiod ging er zugleich mit Erde und Tartaros aus dem Chaos hervor und zählt somit zu den fünf ersten Gottheiten bzw. als Urmacht. In der Komödie «die Vögel» von Aristophanes (414 v. Chr.) schlüpft Amor aus dem Ur-Ei, welches von der Nacht gelegt wurde. In späteren Dichtungen wird er zum unbändigen Sohn der Venus (Göttin der Schönheit) und des Mars (Kriegsgott).
Das Bild des Amor wandelt sich über die Zeit – der geflügelte, kecke Lausbube löst die Vorstellung von Amor als Urmacht ab. In den kleinen pausbäckigen Liebesgöttern, auch Cupido oder Putto genannt, vervielfältigt sich die Gottheit. Zur Zeit der griechischen Klassik wird Amor als schöner Jüngling abgebildet, später verwandelt er sich in ein Kind mit Pfeil und Bogen. Mit diesen Attributen kennen wir ihn bis heute. Doch Amor ist kein unbeholfener Knabe, im Gegenteil, seine Pfeile können Liebe geben oder nehmen. Caravaggio nennt sein Bild nicht umsonst: «Omina vincit Amor», übersetzen kann man dies entweder mit «Amor besiegt alles» oder «Die Liebe siegt über alles».
Bild: Omina vincit Amor (Amor als Sieger), Caravaggio, 1602 © Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin.
Amor und Psyche
Ein junger Mann, der seinen eigenen Kopf hat und sich gegen seine zänkische Mutter (Venus) durchsetzt – dies ist eine der bekanntesten Erzählungen von Amor im Roman «Metamorphosen» von Apuleius (2. Jh. n. Chr.). Eifersüchtig auf die Schönheit von Psyche schickt Venus ihren Sohn Amor los, um Psyche mit einem hässlichen Wesen zu vermählen. Dieser erliegt jedoch ihrer Schönheit, bringt sie in ein Zauberschloss und besucht sie jede Nacht im Schutz der Dunkelheit. Als sie in ihrer Neugier Licht macht, um ihn zu sehen, flieht Amor. Erst nach einer langen Irrfahrt und nach lebensgefährlichen Aufgaben, die sie von Venus aufgezwungen bekommt, rettet Amor seine Geliebte. Ende gut, alles gut: Amor erhält von Jupiter die Erlaubnis Psyche zu heiraten. Psyche erhält einen Becher mit Ambrosia, wird dadurch unsterblich und der Hochzeit steht nichts mehr im Weg. Psyche gebiert Amor eine Tochter mit dem Namen Voluptas (Wollust).
Bild: Die Vermählung Amors mit Psyche, Pompeo G. Batoni, 1756 © Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin.
Neptun (röm.), Poseidon (griech.)
In der antiken Mythologie ist Neptun der Herrscher über alle Wasserwesen. Von diesen gibt es nicht wenige: Nymphen, Nereiden, Tritonen, Nixen… Neptun fällt nach dem Sturz seines Vaters Saturn die Herrschaft über das Meer zu. Jupiter ist sein Bruder. In der Kunst wird er oft als bärtiger Mann mittleren Alters dargestellt, nicht selten mit kräftigem Körperbau, langen Haaren und einem grimmigen Gesicht. Seine Attribute sind der Dreizack, Pferde und ein Delphin. Die Pferde wandeln sich zu so genannten Hippokampen, wobei ihre weissen Mähnen zu Schaumkronen werden. Sie ziehen Neptun in einem Muschelwagen. Im Gegensatz zu Jupiter ist Neptun kein Menschenfreund, jedoch den Frauen wie sein Bruder nicht abgeneigt. Seine Ehefrau heisst Amphitrite und ihr gemeinsamer Sohn ist Triton (ein Mischwesen). Mit Medusa zeugt er den Pegasos (das Pferd mit den Flügeln). Er ist er Vater von zahlreichen weiteren Kindern unter anderem dem Zyklopen Polyphem. Es existieren noch weitere Meeresgötter (Nereus, Okeanos…), jedoch müssen sie Neptun als Herrscher anerkennen. Mit der Zeit wird Neptun etwas freundlicher dargestellt, vor allem im Zeitalter der Kolonisierung. Neptun verkörpert nicht nur die Seefahrt, sondert verbindet auch die Kontinente. Wasserwesen gibt es unzählige. Nereiden sind die Nymphen des Meeres (z.B. Thetis). Nixen sind männliche oder weibliche Wassergeister. Nymphen sind weibliche Naturgeister und nicht an das Wasser gebunden. Sie leben in Grotten, Bäumen etc. Stirbt eine Nymphe, stirbt auch ihre Quelle. Bekanntestes Beispiel ist die Nymphe Daphne (dargestellt beispielsweise von Gian Lorenzo Bernini).
Bilder: 1) Kybele empfängt Neptun und Amphitrite, J. Heiss © KHM Wien, 2) Im Spiel der Wellen, A. Böcklin, 1883 © Neue Pinakothek, München
Terra Mater (röm.), Gaia (griech.)
Gaia – Mutter Erde oder auch Muttergöttin genannt. Seit Anbeginn der Menschheit wurden in allen Kulturen Muttergöttinnen verehrt. Meist tritt sie in Form der «grossen Mutter» auf. Sie verkörpert Fruchtbarkeit und ist Herrin über die Felder und der Tiere. Sie hat viele Namen: Isis, Gaia, Ge, Kybele, Demeter (Ceres) etc. Man brachte ihr jedes Jahr Opfer, um sicherzustellen, dass ein neuer Fruchtbarkeitszyklus beginnt. Man freute sich, wenn die Felder wieder Früchte trugen, die Muttertiere in der Herde trächtig und die Frauen schwanger wurden. Die Muttergöttin schenkt uns Leben und dadurch den Fortbestand unserer Spezies. Mit dem Patriarchat ging diese Wertschätzung leider verloren. Gaia ist älter als alle männlichen Götter, denn sie entstand aus dem Chaos, also dem Uranfang. Sie brachte Uranos hervor und zeugte mit ihm die Titanen. Uranos machte die Erde zwar fruchtbar, indem er Winde und Regen brachte, jedoch wollte er den Zyklus auch wieder schliessen, da er seine Söhne als Konkurrenten sah. Gaia forderte deshalb ihren Sohn Kronos auf seinen Vater zu entmachten. Zeus ist übrigens der Sohn des Kronos. Zusammen mit ihren Söhnen, den Giganten, versuchte Gaia die Herrschaft von Zeus zu brechen, doch sie unterlagen und es setzte sich das Patriarchat durch. Gaia wurde bei den griechischen und römischen Göttern quasi ersetzt mit Demeter / Ceres, die Zeus aber unterlegen war. Muttergöttinen sind immer auch strenge Göttinnen, die nicht nur Geben, sondern auch Nehmen. Die Eigenschaft widerspiegelt sich in der Verehrung der Mondphasen. Im Christentum steht die Gottesmutter Maria in der Tradition der antiken Muttergöttinnen.
Bilder: 1) Ceres und die vier Elemente, Jan Brueghel d. Ä., 1604, 2) Demeter (Isis), Mitte 2. Jh. n. Chr., Italien © KHM Wien (beide Bilder)
Literatur: In Anlehnung an Who’s who in der antiken Mythologie, Gerhard Fink, dtv (keine Werbung).