Im dritten Teil der Serie über christliche Holzschnitzereien in Ägypten zur Zeit der Spätantike stelle ich euch zwei Holzfunde vor, die der Raumausstattung dienten. Diese Elemente sind oft reichlich verziert und bei Einzelnen findet man sogar Farbresten. Wie in den ersten beiden Beiträgen zu Verwendungsformen und Architektur beschrieben, spielt die Dekoration der Funde eine wichtige Rolle, da diese eine Funktionszuordnung ermöglicht.
Füllungsplatten, Raumausstattung
Platten, die der Raumausstattung dienen, enthalten oft reichhaltig geschnitzten Dekor. Häufig kommen Abbildungen mit Tieren oder Menschen vor. Als Beispiele dienen mir zwei Füllungsplatten. Diese Holzfunde könnten bei Schranken und Türen, aber auch bei Kästen und anderen Möbelstücken verwendet worden sein. Die erste Platte wurde in Kairo aufgekauft und befindet sich heute im Rheinischen Landesmuseum in Mainz. Die fast quadratische Platte hat einen umlaufenden, von der Vorderseite abgesetzten Federrand, der an einigen Stellen beschädigt ist. Dargestellt sind zwei nach Aussen gewandte Vögel, die ihren Kopf zur Mitte drehen und an einem Korb mit Früchten picken.
Die zweite Platte dient zum Vergleich, da sie der Ersten sehr ähnlichsieht. Ihr Fundort ist jedoch unbekannt. 1927 wurde sie dem Metropolitan Museum of Art in New York geschenkt. Diese Platte hat jedoch im Gegensatz zur Anderen keine abgesetzten Federn. Der nach dem Schnitzen verbliebene Grund des Brettes war offenbar dünn genug, um die Ränder direkt in die Nut eines Rahmens einfügen zu können. Durch Verfärbungen an der Rückseite ist zu erkennen, dass vermutlich nur zwei von vier Seiten eingezapft waren. Das Motiv ist beinahe dasselbe wie bei der anderen Platte, allerdings picken die Vögel hier an einem Pinienzapfen.
Bildplatte, Raumausstattung
Diese Bildplatte stammt aus Kairo und wurde im Jahr 1963 im Kunsthandel erworben. Sie befindet sich heute in der Abegg-Stiftung in Riggisberg und besteht aus Sycomore. Die Platte ist insofern einzigartig, als dass sie eine der wenigen Stücke ist, deren Datum anhand der C14 Methode bestimmt wurde, und zwar wird sie in den Zeitraum von 418 bis 597 datiert. Die C14 Methode erlaubt es uns also ein Stück auf circa 100 Jahre genau zu bestimmen.
Die sehr grosse und starke Bildplatte weist keinerlei Verbindungsmöglichkeiten auf. An der Unterkante kann man eine wohl eher moderne Flickung erkennen. Das rechteckige Bildfeld wird von undekorierten Streifen gerahmt und durch eine Raute aus ebenfalls undekorierten Streifen gegliedert. Innerhalb dieser glatten Streifen befinden sich kleine Löcher, aber auch Linien sind zu erkennen. Vermutlich waren hier ehemals Zierleisten befestigt.
Im Zentrum der Raute befindet sich ein Medaillon mit Flechtbandrand. Es ist anzunehmen, dass eine Schüssel oder eine Platte dargestellt wird auf der vier grössere und vier kleinere Früchte oder Brote im Kreis um eine vierteilige Rosette angeordnet sind. Die Abschnitte innerhalb der Raute und ausserhalb des Kreises werden von einer Blüte und je drei Granatäpfel geschmückt. In den vier Ecken ausserhalb der Raute ist je ein Vogel vor einem Früchtekorb dargestellt. An der Schnitzerei sind Farbspuren in türkis, rosa, weiss und braunrot erhalten. Da keine Verbindungsmöglichkeiten vorhanden sind, ist eine Aussage über den Verwendungszweck schwierig.
Einordnung: Ursprünglicher Verwendungszweck der Holzschnitzereien
Dank einer Analyse von Form und Verbindungsmöglichkeiten können die Holzfunde in verschiedene Gruppen aufgeteilt werden. Es ist jedoch nicht immer möglich alle Objekte ihrem ursprünglichen Verwendungszweck zuzuordnen. Nichtsdestotrotz lassen sich bei einigen Stücken ohne Kontext Hinweise auf die Verwendungsmöglichkeiten schliessen, da viele Funde sich einander in ihrer Konstruktion ähnlich sind. So lassen sich beispielsweise Sturzbalken anhand des Dekors und der Grösse erkennen.
Das Dekor spielt eine wichtige Rolle für eine Zuordnung von Holzfunden. Oft lassen sich Zusammenhänge zwischen Funktion und Dekor feststellen. So sind beispielsweise Zierleisten fast ausschliesslich mit ornamentalen Friesmustern versehen. Ferner ist das Motiv des Kreuzes in einer Ädikula vor allem auf Sturzbalken dargestellt und Tierdarstellungen auf Möbelbrettern. Zum Vergleich dienen auch Funde aus dergleichen Zeit, die nicht aus Holz sind. Verwandte Darstellungen können aus Materialien wie beispielsweise Kalk- und Sandstein, Leinen, Ton, Elfenbein, Bronze oder Pergamentpapier bestehen (siehe Teil 1).
Literatur – Teile 1-3
- Enss, Elisabet: Holzschnitzereien der spätantiken bis frühislamischen Zeit aus Ägypten. Funktion und Dekor ägyptischer Holzschnitzereien aus spätantik-frühbyzantinischer bis frühislamischer Zeit, Wiesbaden 2005.
- Sentance, Bryan: Atlas der Holzkunst. Ein illustrierter Führer durch die Welt des Holzhandwerks, Bern, Stuttgart, Wien 2003.
- Von Falck, Martin et al.: Ägypten: Schätze aus dem Wüstensand : Kunst und Kultur der Christen am Nil, Katalog zur Ausstellung, Wiesbaden 1996.
- Wessel, Klaus: Koptische Kunst: die Spätantike in Ägypten, Recklinghausen 1963.
Bilderquelle: Enss, Elisabet: Holzschnitzereien der spätantiken bis frühislamischen Zeit aus Ägypten. Funktion und Dekor ägyptischer Holzschnitzereien aus spätantik-frühbyzantinischer bis frühislamischer Zeit, Wiesbaden 2005.