Eine prächtige Wasserburg und das wohl meist besuchte Schloss der ganzen Schweiz – wir spazieren heute gemeinsam durch das Schloss Chillon am Genfersee. Es liegt in der Westschweiz, genauer gesagt im Kanton Waadt. Entlang der wunderschönen Uferpromenade mit Alpenpanoramablick erreicht man von Montreux das Schloss in rund 30 Minuten zu Fuss. Montreux ist bekannt für sein jährlich im Juli stattfindendes Jazz-Festival sowie die Freddy Mercury Statue. Freddy Mercury spielte in Montreux sein letztes Album mit der Band Queen ein – Made in Heaven.

Das Château de Chillon ist wirklich malerisch gelegen: Direkt am See auf einem Felsen gebaut und im Hintergrund die Berge. Fast schon etwas kitschig. Bei meinem Besuch wechselten sich Sonnenschein und Regen ab – ein grossartiges Himmelsspektakel. Kein Wunder liess sich Walt Disney im Film «die kleine Meerjungfrau» vom Schloss inspirieren.

Am 6. Oktober findet der Schweizer Schlössertag 2024 statt unter dem Motto Musik und Fest. Auf der Webseite findest du alle wichtigen Informationen. Reserviere dir schon einmal den Tag, denn es gibt viele tolle Aktionen für Gross und Klein im Schloss. Aber aufgepasst: Du wirst nicht alleine sein, denn pro Jahr besichtigen rund 400’000 Besucher das Schloss Chillon.

Die Geschichte des Château de Chillon

Das Schloss Chillon war nicht nur der Wohnsitz der Grafen von Savoyen, sondern auch eine wichtige Zollstation. Die Geschichte der Bebauung der Felseninsel beginnt aber bereits in der Frühzeit. Erste Funde gibt es aus der Bronzezeit. Das Schloss ist strategisch gut gelegen: Über viele Jahrhunderte hinweg findet ein reger Handelsverkehr statt – per Schiff über den Genfersee oder per Land über den St. Bernhard-Pass. Erst im 12. Jahrhundert wird das Schloss zum Sitz der Grafen von Savoyen. Erste schriftliche Beweise für die Existenz des Schlosses stammen aus dem Jahr 1150.

Die Zeit der Savoyer (12. Jh. bis 1536)

Zu den ältesten Abschnitten der Burg zählen die Kapelle und der Bergfried. Aufgrund der topografischen Beschaffenheit verändert sich die Grundstruktur des Schlosses kaum. Zudem wird es nie durch Belagerungskriege zerstört. Die Grafen von Savoyen nutzen das Schloss als Sommerresidenz und dank dem regen Handel dient es ihnen als Finanz- und Zollzentrum. Als die Grafen ihr Verwaltungszentrum nach Chambery verlegen, schwindet auch der Nutzen des Schlosses dahin.

Die Zeit der Berner (1536 bis 1798)

1536 wird das Schloss Chillon von den Berner Truppen erobert, welche die Schwäche des Hauses von Savoyen aufgrund politischer Instabilität und Kriege ausnutzen. Auch die Berner nutzen es als Festung, Gefängnis und Verwaltungszentrum. Zudem wird es zur Residenz des Landvogtes von Vevey. Das Schloss sollte dringend renoviert werden, jedoch passiert nicht viel unter der Berner Herrschaft. 1733 verlassen die Berner das Schloss und ziehen in bequemere Unterkünfte in der Umgebung um.

Die Zeit der Waadtländer (1798 bis heute)

1798 stürmen Waadtländer Bürger und französische Truppen das Schloss, wobei die verbliebenen Berner Truppen keinen Widerstand leisten. Seit 1803 gehört Château de Chillon zum Kanton Waadt. Erst im 19. Jahrhundert wird es (endlich) renoviert und später der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dies verdanken wir dem Schweizer Archäologen Albert Naef. Die Rennovationsarbeiten dauern bis heute an – so ein Schloss gibt viel Arbeit, aber zum Glück gibt es eine Weinverkostung direkt im Shop 😉

Die Anlage besteht heute aus 25 Gebäuden und vier Innenhöfen. Man sollte sich somit für den Besuch Zeit nehmen. Zu bestaunen gibt es unter anderem Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert, die unterirdischen Gewölbe, welche als Kerker dienten sowie ein im Original erhaltenes Schlafzimmer aus der Zeit der Berner Herrschaft. Auf der Seeseite befinden sich die Wohngebäude und auf der Landseite die Wehreinrichtungen. Du kannst das Schloss entweder alleine (mit oder ohne Audioguide) oder mit einer geführten Gruppe entdecken.

Schloss Chillon und seine Räumlichkeiten

Im Gegensatz zur Aussenfassade des Schlosses finden in den Innenräumen regelmässig Umbauten statt. Du betrittst das Schloss Chillon über eine Brücke, die aus dem 18. Jahrhundert stammt. Sie führt über einen natürlichen Graben, in welchem bei Ausgrabungen viele wertvolle Funde gemacht wurden. Linkerhand befindet sich heute der Shop, früher wurde von Turm und Brücke aus das Schloss verteidigt.

Rund um den ersten Hof herum befanden sich früher die Diensträume und Stallungen. Einen guten Einblick geben die Schloss-Modelle (Raum N). Eine steile Stufe hinab und wir befinden uns im Keller. Es fällt sofort das gotische Gewölbe auf aus dem 13. Jahrhundert. Der Keller diente als Lagerraum. Folgt man dem Pfad, kommt man zuerst zum Depot (Warenlager und Unterkunft für die Garnison) und dann zum Gefängnis.

Zwischen Depot und Gefängnis gibt es eine Poterne (eingelassene Tür), die einerseits zum Waren entladen diente, aber auch Fluchtweg war bei Besetzungen. Hier wurde der berühmteste Gefangene des Schlosses, François Bonivard, gefangen gehalten (siehe unten). 1897 entdeckte man unter dem ersten Hof eine Krypta. Diese wurde vermutlich im 13. Jahrhundert aufgegeben als eine neue Kapelle im oberen Teil des Schlosses gebaut wurde.

Besonders schön finde ich die folgenden Räumlichkeiten:

  • Speisesaal des Kastellans: Die Eichensäulen stammen aus dem 13. Jahrhundert, die Kassettendecke aus dem 16. Jahrhundert. Der Saal sieht zwar mittelalterlich aus, wurde aber im 20. Jahrhundert so restauriert. Ursprünglich war es der Speisesaal des Kastellans.
  • Aula Nova: Vermutlich war dies der Prunksaal des Kastellans. Albert Naef hat die Tonnendecke nachgebaut.
  • Berner Schlafzimmer: Vielleicht nicht für alle spektakulär, jedoch wurde dieser Raum schon im Mittelalter als Schlafzimmer verwendet. Die Ornamente an der Wand stammen aus der Berner Herrschaft.
  • Wappensaal: Der Wappensaal war früher ein Empfangsraum. Heute kannst du moderne Kunst neben Wappenfresken von Berner Patriziern im Fries betrachten.
  • Camera Domini: Sie diente den Grafen von Savoyen als Schlafgemach. Die Wandmalereien mit Tieren und Pflanzen stammen aus dem 14. Jahrhundert.
  • Kapelle: Dieser Raum diente den Grafen als Privatkapelle. Nach der Reformation wurde zuerst Getreide, dann Schiesspulver darin aufbewahrt. Schaue dir unbedingt die Ornamente an den Wänden an – sie stammen aus dem Jahr 1314. Leider sind nicht mehr alle ursprünglichen Motive sichtbar (Propheten aus dem Alten Testament, Apostel aus dem Neuen Testament).
  • Aula Magna: Im Mittelalter diente dieser Raum für Empfänge und Bankette. Später wurde er in einen Gerichtssaal und in einen Mühlesaal umfunktioniert. Die Säulen mit schwarzem Marmor stammen aus dem 13. Jahrhundert.

Und wer Spass daran hat, macht eine Runde auf dem Wehrgang und geniesst die Aussicht aus den kleinen Schiessscharten auf den Genfersee und die Alpen.

Das Schloss Chillon als Quelle der Inspiration

Heute in allen Touristenführern erwähnt, ist das Schloss Chillon schon viel früher durch verschiedene Quellen bekannt geworden:

  • Jean-Jacques Rousseau verlegt die Handlung seines Briefromans «Julie ou La Nouvelle Héloïse» nach Chillon (1761).
  • Der Dichter Lord Byron schreibt hier sein Gedicht «The prisoner of Chillon» – basierend auf einer wahren Geschichte (1816). Es ist ein dramatisches Gedicht, das von der Einkerkerung des Genfer Freiheitskämpfers François Bonivard handelt. Dieser war der berühmteste Gefangene des Schlosses Chillon in den Jahren 1532 bis 1536. Keine schöne Story, aber dafür eine mit Happy End: Bonivard erlangt 1536 die Freiheit. An einer Säule im Schloss findest du den Namen Byron eingraviert (echt oder fake?).
  • Walt Disney lässt sich wie oben erwähnt von der Architektur des Schlosses inspirieren. Wir finden es wieder in seinem Film «die kleine Meerjungfrau» aus dem Jahr 1989.

Wenn du heute auf den Spuren der Grafen von Savoyen wandelst, befindest du dich in berühmter Gesellschaft, denn schon Johann Wolfgang von Goethe, Victor Hugo, Charles Dickens und Ernest Hemingway genossen den Anblick der Wasserburg. Mark Twain soll sich gar über die Touristenströme enerviert haben – das war im Jahr 1880.

Praktische Informationen zum Schloss Chillon und seine Umgebung

Brauchst du eine Pause? Das Kaffee Bryon, welches sich gegenüber dem Schloss befindet, lädt erschöpfte Besucher zu einer Zwischenmahlzeit ein. Ich möchte an dieser Stelle die Snack-Hütte Le Cabanon de Mam’s empfehlen (keine Werbung). Antonietta bereitet alle Speisen – salzig und süss – selbst zu und ihre Kuchen schmecken einfach köstlich (rund 500 Meter vom Schloss entfernt).

Das Schloss Chillon kann übrigens gemietet werden. Und wenn du noch Zeit hast, kannst du mit dem Boot direkt nach Vevey fahren. Dort hat Charlie Chaplin gelebt. Im Museum Chaplin’s World erfährst du mehr über sein Werk und sein Leben.

Hier gibt es einen kurzen Einblick in das Schloss und seine Räumlichkeiten: Schloss Chillon, ein mittelalterliches Meisterwerk (von MyVaud)

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Adresse: Château de Chillon, Av. de Chillon 21, 1820 Veytaux
Öffnungszeiten:
April bis September 9Uhr bis 19Uhr
November bis Februar 10Uhr bis 17Uhr
März und Oktober 9:30Uhr bis 18Uhr
Eintritt: CHF 15 für Erwachsene
Anreise: Zu Fuss ab Montreux: Ca. 30 Minuten. Per Boot von Montreux: Ca. 15 Minuten (ab Vevey rund 50 Minuten). Es gibt aber auch eine Busstation direkt beim Schloss.

Hast du meinen Beitrag zum Schloss Greyerz schon gelesen?

 

Literatur