Das Kunsthistorische Museum in Wien, oder KHM wie die Wiener es nennen, gehört zu den grössten Museen der Welt und kann es locker mit den grossen dynastischen Sammlungen in Florenz, Paris, Madrid oder Dresden aufnehmen. Die Ausführung des Monumentalbaus ist den Architekten Semper und Hasenauer zu verdanken. Die Kunstschätze aus der Gemäldegalerie stammen allesamt – mit Ausnahme der späteren Erwerbungen – aus dem Hause Habsburg und wiederspiegeln damals wie heute die Grösse und Bedeutung dieser Dynastie. Anstelle einer Ausstellung, möchte ich dir in diesem Beitrag mehr über die Hintergründe und Entstehungsgeschichte des Museums sowie der Gemäldegalerie erzählen.

Bereits im 18. Jahrhundert erreicht die Gemäldegalerie – damals die kaiserliche Galerie – ihre charakteristische Gestalt, welche geprägt ist vom Geschmack und den historisch bedingten Vorlieben der Sammler des Hauses Habsburg. So befinden sich dort über 70 Meisterwerke aus der venezianischen Malerei der Renaissance sowie aus der flämischen Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts. Die berühmtesten Maler ihrer Zeit können wir heute betrachten: Raffael, Tizian, Veronese, Vermeer, Rembrandt und Rubens.

Doch die Sammlung ist aufgrund dieser fürstlichen Vorlieben im Vergleich zu anderen grossen Galerien unsystematisch. Sie ist kein Lehrbuch, in dem alle Zeiten, Länder und Stile gleichmässig repräsentiert werden. Sie enthält sozusagen Lücken – französische und englische Maler fehlen fast vollständig und es gibt kaum Werke aus dem italienischen Quattrocento. Die Habsburger liebten vielmehr das „Vollendete“ – die reifen Stile, das Elegante und Dekorative, teilweise Erotische, aber nicht das Auftrumpfende. Dem einen oder anderen mag hier der Familiengeschmack der Habsburger etwas einseitig erscheinen.

Drei fürstliche Kunstfreaks

Insbesondere drei fürstlichen Sammlern mit einer guten „Kunst-Nase“ hat das heutige Kunsthistorische Museum seine Schätze zu verdanken:

  1. Erzherzog Ferdinand II. von Tirol (1529-1596), der im Schloss Ambras bei Innsbruck eine grosse Kunstkammer besass, die den Kern der heutigen Waffensammlung sowie für Bildhauerei (Skulpturen) und Kunsthandwerk bildet.
  2. Kaiser Rudolf II. (1552-1612), der beharrlich Kunstwerke verfolgte, bis sie sein Eigentum wurden, so beispielsweise die Werke von Tizian, Dürer und Parmigianino. Aus dem Nachlass seines Bruders erbt er unter anderem die berühmten Bilder von Pieter Bruegel d. Ä., die heute einen Hauptbestandteil der Sammlung bilden.
  3. Erzherzog Leopold Wilhelm (1614-1662) bringt mit über 1‘400 Bildern am Meisten in die Sammlung ein und gilt als grösster Gemäldesammler aller Zeiten. Die Einbringung der Werke von van Eyck, Rubens, van der Weyden, Tintoretto und Veronese sind sein Verdienst. Der Erzherzog lässt seine Sammlung mehrfach von seinem Hofmaler David Teniers d. J. abbilden und ist auch der Erste, der den Bestand der Galerie in einer graphischen Publikation festhält bzw. katalogisieren lässt.

Kunsthistorisches Museum: Der Museumsbau

Aufgrund von Platzmangel und dem Wunsch, alle Kunstsammlungen des Herrscherhauses unter einem Dach zu vereinen, gibt Kaiser Franz Joseph I im Zuge der geplanten Stadterweiterung den Auftrag zum Museumbau. Zusammen mit Gottfried Semper arbeitet der Architekt Carl von Hasenauer an dessen Umsetzung ab dem Jahr 1871. Doch bald schon kommt es zu einem Zwist und Hasenauer übernimmt ab 1877 die alleinige Bauleitung. Zusammen mit dem gegenüberliegenden Schwestergebäude, dem Naturhistorischen Museum, soll sich der Bau an das Stilempfinden der italienischen Renaissance anlehnen. Die Eröffnung findet am 17. Oktober 1891 statt.

Doch der Platz reicht immer noch nicht aus…So werden im Laufe der Jahre weitere Gebäude benötigt und zur heutigen Sammlung gehören unter anderem Werke in der Schatzkammer der Hofburg, im Schloss Schönbrunn oder im Schloss Belvedere.

Der heutige Museumsbesuch

Besucht man das Haupthaus des Kunsthistorischen Museums heute, erfreut man sich zuerst einmal am grünen Innenhof, in dem das Denkmal für Kaiserin Maria Theresia steht. Am Eingang des Museums grüssen zwei sitzende allegorische Statuen – die Malerei und die Bildhauerei (diese können hilfreich sein, denn sie sagen uns, dass wir es ins richtige Museum geschafft haben und nicht das Naturhistorische Museum vi-à-vis betreten). Ein kurzer Blick nach oben zur Kuppel lässt uns eine Bronzestatue der Pallas Athene entdecken. Hat man es durch die Menschenmassen geschafft, wird man vom grossartigen Stiegenhaus in Bann gezogen, wo die Theseusgruppe von Canova den Besucher begrüsst. Das Kennerauge erspäht zusätzlich Werke von Gustav Klimt, Hans Markart, Franz Matsch etc.

Das gesamte erste Stockwerk ist den Gemälden gewidmet. In den anderen Stockwerken befinden sich die Ägyptisch-Orientalische Sammlung, die Antikensammlung, die Kunstkammer sowie das Münzkabinett (auch äusserst sehenswert). Insgesamt stellt sich das KHM als ein sehr klassisches Museum vor. Es lohnt sich – vor allem bei Sonderausstellungen – die kostenlosen Audioguides sowie die Tablets in den Ausstellungsräumen (wenn vorhanden) zu nutzen. Je nach Ausstellung bietet das Museum auch Einblick «hinter die Kulissen», so konnte ich mich beispielsweise bei der Bruegel-Ausstellung vertiefen in Themen wie Farbpigmente, Materialwahl des Künstlers etc.

Eines steht von Anfang an fest: Ein Tag reicht für den Besuch des Museums nicht aus und wenn, dann nicht ohne eine Erfrischung im stilvollen Kaffee im obersten Stock, welches so wunderbaren Apfelstrudel serviert – natürlich mit einer Melange samt Schlagobers (sobald es dann wieder möglich ist…).

Aktuelle Ausstellungen:
Bis 31.05.2021: Niederländische Blumenstillleben
Ab 18.05.2021: Höhere Mächte. Von Menschen, Göttern und Naturgewalten

Hier geht’s zur digitalen Live-Führung zum Thema „Frühlingserwachen: Die bunte Pracht der Blumen“:

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Adresse: Maria-Theresien-Platz, 1010 Wien
Öffnungszeiten: Di – So von 10 bis 18Uhr, Do von 10 bis 21Uhr (Montag geschlossen). Aufgrund von Corona können die Öffnungszeiten abweichen. Bitte informiere dich über die Website des KHMs.

Sieh dir auch meinen Museumstipp in der Schweiz an: Das Museum für Kommunikation in Bern.

 

Literatur

  • Prohaska, Wolfgang: Kunsthistorisches Museum Wien. Die Gemäldegalerie, München 1984.
  • Schütz, Karl: Gemäldegalerie Kunsthistorisches Museum Wien, museum (Ausgabe 04), Braunschweig 1984.