Heute machen wir einen Abstecher in den Kanton Thurgau und besuchen das Kloster Fischingen, das uns mit Speis und Trank versorgt (inklusive hauseigenem Bier), heute als Seminarhotel fungiert (besonders interessant: die «Tage der Achtsamkeit» bei denen man den Stress des Alltages vergessen kann) und heute noch als Rückzugs- und Kraftort für Benediktinermönche dient. Willkommen im Kloster!
Die Gründung des Klosters Fischingen
Das Kloster Fischingen wird im 12. Jahrhundert das erste Mal erwähnt. Zuvor scheint es keinen Vorbau gegeben zu haben und auch keinen Gründungsvater wie beispielsweise der Heilige Gallus in St. Gallen oder der Heilige Meinrad in Einsiedeln. Wir sind also in der Zeit des Mittelalters und der christliche Glaube ist fester Bestandteil der Bevölkerung. Im Jahr 1138 entsendet der Bischof von Konstanz einen gewissen Gebino zur «Cella sanctae Mariae Piscinam», also ins Kloster Fischingen. Kurz zuvor hat sich eine Gruppe von Einsiedlern dort zusammengefunden, um nach den Regeln des Heiligen Benedikt zu leben.
Die ersten rund 100 Jahre sind einerseits geprägt von regen baulichen Tätigkeiten – es werden die Kirche, Häuser für die Mönche (später auch für die Nonnen) sowie eine Herberge für die Pilger gebaut. Andererseits findet ein steter Wechsel der Äbte statt. Wirtschaftlich gesehen ist das Kloster zunächst völlig abhängig vom Bischof in Konstanz. Doch durch die politischen Ereignisse, ändern sich bald auch die finanziellen Bindungen.
Bereits um 1300 hat das Kloster Fischingen fast keine Mönche mehr und ein Klosterbrand verschärft die Situation. In den nächsten 200 Jahren versuchen verschiedene Äbte die Lage zu verbessern, was wirtschaftlich gesehen immer wieder gelingt, es kommt jedoch zu keiner Stärkung des Konventes. Die Reformation bringt das Klosterleben dann ganz zum Erliegen und 1532 muss der amtierende Abt Heinrich Stoll seine Resignation einreichen.
Hoffnungsschimmer: Der neue Aufbruch
Durch die katholischen Orte wird das Klosterleben wieder zu neuem Leben erweckt und 5 Mönche befinden sich 1553 im Kloster als der erste, neuerwählte Abt Markus Schenkli stirbt. Das Wappen seines Nachfolgers, Abt Christoph Brunner, entdecken wir beim Klosterrundgang. Als er mit 27 Jahren gewählt wird, ist er ein energischer Mann und in seinen 20 Jahren Amtszeit bewirkt er sowohl Erneuerungen des klösterlichen Lebens, als auch Erweiterungen des Klosterbaus. Er stiftet 1580 die St.-Idda Bruderschaft. In seiner Amtszeit ziehen endlich wieder junge Mönche ins Kloster ein. Er erhält sogar das Recht zum Gebrauch der Pontifikalien.
1602 müssen sich die Benediktinerklöster der Schweiz in einer Kongregation zusammenschliessen. Doch dem Kloster Fischingen gelingt eine innere und äussere Erstarkung. Zu verdanken ist dies Abt Plazidus Brunschwiler, dem 56 Amtsjahre beschieden sind. Sind es 8 Mönche zu Beginn seiner Amtszeit, trauern bei seinem Tod 26 Mitbrüder um ihn. Die St. Idda Bruderschaft verschafft dem Kloster Fischingen Anerkennung in der ganzen Umgebung und so wird es zu einer bedeutenden Pilgerstätte. Dies geht einher mit einer regen baulichen Tätigkeit.
Blütezeit des Klosters Fischingen
Seinen Höhepunkt erreicht das Kloster Fischingen mit dem Neubau der Klosterkirche im 18. Jahrhundert. Den Äbten in dieser Zeit gelingt sowohl das innere als auch das äussere Erblühen des Klosterwesens. Neue Pfarreien aus der Umgebung kommen hinzu. Die Weihung der neuen Idda-Kapelle findet 1718 statt. Unter Abt Nikolas Degen erhält die Klosteranlage ihre heutige Grösse im Geiste der Barockzeit. Darunter fällt auch der wunderschöne Archivraum.
Die Welt im Umbruch: Schwierige Zeiten für das Kloster
Abt Augustin ist nicht zu beneiden, denn er erhält das Amt in einer schwierigen Zeit. Er führt die Bewohner des Klosters Fischingen durch die Jahre der Aufklärung sowie durch den Einbruch der Französischen Revolution in der Schweiz. Die wirtschaftlichen und sozialen Strukturen ändern sich genauso wie die jahrhundertealten Herrschaftsrechte. Thurgau wird nun ein eigenständiger Kanton und Napoleon stellt die öffentliche Ordnung auf den Kopf.
1798 muss das Kloster Fischingen auf seine Herrschaftsrechte verzichten. Auch Novizen dürfen keine mehr aufgenommen werden und die Zahl der Mönche wird beschränkt. Doch Abt Augustin führt einen regen Diskurs mit der Regierung in Frauenfeld und so erreicht er das Wiederaufleben der Klosterschule sowie diverse bauliche Neuerungen.
Die Aufhebung des Klosters Fischingen
Als Abt Augustin stirbt, hat sich die politische und wirtschaftliche Lage wieder etwas stabilisiert und so startet die Amtszeit seines Nachfolgers noch hoffnungsvoll. Doch das Bild ändert sich als sich 1831 die liberale Staatsauffassung in der Eidgenossenschaft durchzusetzen beginnt. Es kommt zu einschneidenden staatlichen Verfügungen.
Abt Franz Fröhlicher ist der letzte Abt des Klosters Fischingen. Sämtliche Tätigkeiten des Klosters gehen an einen weltlichen Verwalter über. Die Aufnahme neuer Mönche wird untersagt und die Klostergüter werden verkauft. Auch die Klosterschule wird aufgehoben. Als der Abt unerwartet stirbt, nutzt der Staat die Gunst der Stunde und verbietet eine Neuwahl, was die Aufhebung des Klosters zur Folge hat. Der Entschluss sämtliche Klöster im Kanton Thurgau zu schliessen, fällt am 28. Juni 1848. Am 2. Oktober im selben Jahr verlassen die letzten Mönche das Kloster Fischingen.
Die Zeit danach: Weberei, Waisenanstalt und Seminarhotel
Als die Aufhebung des Klosters entschieden wird, macht sich Unruhe und Empörung in der Bevölkerung breit. Man wäre sogar zu Gewalt bereit gewesen, hatte doch das Kloster über Jahrhunderte für die Seel- und Fürsorge gesorgt. Für viele Bürger stellte die Aufhebung ein Rechtsbruch dar. Dank dem Ansehen der Mitglieder des Klosters können jedoch die Gewaltakte verhindert werden.
Das Kloster steht danach 4 Jahre leer bis die Winterthurer Familie Imhof einzieht und die Räumlichkeiten als Weberei nutzt. Doch bereits 1870 gibt sie die Produktion wieder auf. Kirchenratspräsident August Wild erwirbt aus eigenen Mitteln die Anlage, jedoch kann seine geplante Lehranstalt nicht realisiert werden und so kommt es zu einer Sammelaktion für interessierte Kreise. Der Verein St. Iddazell wird 1879/80 gegründet und eine Waisenanstalt entsteht, welche später in ein Kinderheim umgewandelt wird. Bis heute ist dieser Verein Eigentümer des Klosters.
Am 28. August 1977 wird in einem feierlichen Akt die Gründungsurkunde verlesen und die Wiedereröffnung des Klosters Fischingen eingeleitet. Es folgen Gebäudesanierungen, Rennovationen und Restaurierungen. 1982 wird das Bildungshaus eröffnet, das sich schnell zu einem beliebten Seminar- und Tagungsort entwickelt. Heute ist das Kloster Fischingen bekannt für seine Seminare, seine Gastronomie und seine Gastfreundlichkeit. Ein Ort, der weltliche und religiöse Anliegen vereint und uns gestressten Städtern eine Oase der Ruhe bietet.
Das Kloster Fischingen in Wort und Bilder (Schweizerdeutsch):
Besucherinformationen
Adresse: Kloster Fischingen, 8376 Fischingen
Öffnungszeiten: Restaurant: 9Uhr bis 23Uhr, Kirche: 7Uhr bis 19Uhr (Winterzeit)
Anreise: Mit ÖV Buslinie 734 bis Haltestelle Fischingen, Kloster. Die Parkplätze befinden sich direkt vor dem Kloster, wenn du mit dem Auto anreist.
Interessiert an mehr Kultur in der Schweiz? Schaue dir gerne meinen Blogbeitrag zum Kloster Kappel in Zürich an.
Bilderquellen:
Eigene Aufnahmen aus dem Kloster Fischingen
(Keine Werbung)
Literatur
- Pater Florin Cavelti: Kloster Fischingen. Kurzer geschichtlicher Abriss, 1992.
- Webseite Kloster Fischingen