Im dritten Teil über die Schlösser und Kathedralen im Loire-Tal entdecken wir mit Blois das einst höfische und politische Zentrum Frankreichs. Im imposanten Schloss Chambord gehen wir auf die Suche der 700 Salamander von Franz I., bevor wir in die klassizistische Harmonie von Schloss Cheverny eintauchen. In Germigny des Prés sehen wir ein einzigartiges karolingisches Mosaik, bevor wir die Stadt Orléans erkunden und in Saint-Benoît den Fussboden aus Ravenna und die kreativ gestalteten Kapitelle bestaunen (hier geht es zu Teil 1 und Teil 2meines Beitrages).
Tag 7: Loire Schlösser Blois – Chambord – Cheverny
Blois – eine reizvolle, charmante Stadt, welche unter Louis XII. ein knappes Jahrhundert das höfische und politische Zentrum Frankreichs war. Heute ist es von ökonomischer und landwirtschaftlicher Bedeutung. Im Quartier «Vieux Blois» stehen viele gut erhaltene Gebäude aus dem 16. Jahrhundert. Von der «Escalier Denis Papin» kann man die Aussicht geniessen (Denis Papin war übrigens der Erfinder des Dampfkochtopfes).
Auch die Cathédrale St-Louis ist sehenswert – der Originalbau wird 1678 von einem Sturm fast gänzlich zerstört und danach von Louis XIV. im gotischen Stil des 17. Jahrhunderts wieder aufgebaut. Die Kirchenfenster werden 1993 vom Kulturministerium in einer öffentlichen Ausschreibung an den holländischen Künstler Jan Dibbets vergeben. Normalerweise bin ich sehr kritisch gegenüber modernen Kirchenfenstern, aber diese haben mir sehr gefallen und die Botschaften werden innovativ umgesetzt.
Das Château Royal de Blois vereint vier unterschiedliche Baustile und war mehrmals Zeuge von bösartigen Intrigen – unter anderem wurde Duc de Guise, der ehrgeizige Führer der katholischen Heiligen Liga, im königlichen Schlafgemach auf Geheiss von Henri III erdolcht. Diese Tat war so dreist, dass Blois seine politische Bedeutung verlor. Das Schloss Blois selbst enthält mehrere bemerkenswerte Räume und architektonische Meisterwerke. Am Eingangstorbogen fällt zunächst die Reiterstatue von Louis XII. auf, welcher auch «Vater des Volkes» genannt wurde angesichts seines gütigen politischen Stils.
Ein Bijou ist der offene, rechteckige Treppenturm, der beim Betreten des Innenhofes ins Auge fällt – ein Meisterstück der Renaissance. Das Arbeitszimmer der Catherine de Médicis, welches mit 237 Teilen vertäfelt ist (vier davon mit Geheimfächern), ist genauso sehenswert wie der «Salle des États Généraux» aus dem 13. Jh., welcher noch von der ursprünglichen Festung erhalten blieb und für königliche Empfänge diente. Gegenüber dem Schloss befindet sich das Haus der Magie, welches stündlich seine speienden Drachen aus den Fenstern fahren lässt und wohl so manchen Touristen erschreckt.
Château de Chambord: Das Schloss Chambord wird 1519 zu Ehren von Franz I. erbaut und ist das Resultat der besten Künstler, Architekten und Maurermeister aus Frankreich und Italien. Vor allem die Silhouette mit ihren zahlreichen grösseren und kleineren vielverzierten Türmen ist beeindruckend – oder sollte es sein, denn bei meinem Besuch war die Hälfte dieser Türmchen von dichten Restaurationsgestellen umgeben, so dass der erste Eindruck nicht so imposant war (ich habe mir dann eine Postkarte gekauft). Ursprünglich wird Chambord als Wohn-, Regierungs- und Jagdschloss genutzt. Das Wappentier von Franz I., ein Salamander, ist allgegenwärtig bei der Besichtigung – insgesamt zählt man ihn 700 Mal. Der Botschafter von Venedig schreibt über den jungen Monarchen:
„Er ist ständig auf der Jagd, mal auf Böcke, mal auf Röcke.“
Spass macht vor allem das Ausprobieren der Doppelwendeltreppe, welche vermutlich von Leonardo da Vinci entworfen wurde. Sie besteht aus zwei ineinander verschlungenen Treppenläufen, die sich um einen leeren Raum winden. Wenn zwei Personen die jeweiligen Treppenläufe hinaufsteigen, sehen sie sich durch die Öffnungen, treffen aber nie aufeinander. Ein architektonisches Erlebnis, das man nicht verpassen darf. Am höchsten Punkt der grossen Treppe gelangt man auf die Dachterrasse und kann entweder die Aussicht geniessen oder die vielen Türmchen bestaunen. Das Zentrum dieser bildet übrigens der Laternenturm, welcher gekrönt ist von einer Königskrone aus Lilien und sich auf gebogene Strebepfeiler stützt. Schloss Chambord gehört heute dem Staat.
Château de Cheverny: Das Schloss Cheverny besticht durch seine schlichte Eleganz. Die Fassade besteht aus weissem Naturstein und vereint in ihrer Schlichtheit das Prinzip der klassizistischen Fassade. Das Schloss befindet sich bis heute in Privatbesitz und ist seit 1922 für Besucher zugänglich. Die Säle im Inneren sind mit prachtvollen Möbeln ausgestattet und wenn man genau hinsieht, entdeckt man das eine oder andere witzige Detail. In den Privatgemächern steht eine kostbare Kinderwiege aus Mahagoni. Das Kinderzimmer beinhaltet die ersten Holzpferde aus der Zeit von Napoleon III.
Im Waffensaal entdeckt man nicht nur imposante Ritterrüstungen und Waffen, sondern auch einen beeindruckenden Wandteppich aus der Gobelin-Manufaktur. Besonders sehenswert ist das Gemach der Könige, welches überaus reich ausgestattet ist mit wertvollen Wandteppichen und einer italienischen Kassettendecke. Das Bett wird von persischen Stickereien verziert. Bekannt ist das Schloss Cheverny auch für die immer noch stattfindende Jagd und die dazugehörigen Jagdhunde, die man im Zwinger besuchen kann. Einen Ort zum Verweilen bietet das Kaffee in der Orangerie.
Tag 8: Germigny des Prés – Saint-Benoît – Orléans
Germigny des Prés: Die Kirche von Germigny des Prés ist eine der ältesten erhaltenen Kirchen Frankreichs – ein vorromanischer Kirchenbau. Sie wird 806 fertiggestellt und beinhaltet das einzig erhalten gebliebene karolingische Mosaik nördlich der Alpen. Es zeigt zwei Engel (Cherubim), die Hand Gottes sowie die Bundeslade (ein heiliger Kultgegenstand der Israeliten und das Symbol für den Bund Gottes mit dem Volk Israel). Das Mosaik ist im byzantinischen Stil gehalten und wird 1840 zufällig unter dem Putz gefunden.
Abbaye de Saint-Benoît-sur-Loire: Die Abtei Saint-Benoît, auch Abtei von Fleury genannt, welche im Mittelalter durch seine vom Heiligen Odo gegründete Klosterschule bekannt war, beeindruckt vor allem durch ihren imposanten Portalturm und die reich geschmückten Figuren-Kapitelle. Doch auch die stilisierten Pflanzenmotive und die Tiergestalten faszinieren. Die Figuren am Haupteingang stammen aus dem 11. Jahrhundert. Im Inneren staunt man nicht schlecht, denn der gestaffelte Chor umfasst zwei Altarräume.
Der wunderschöne Marmorfussboden im Chor ist ein römisches Werk aus dem 4. oder 5. Jahrhundert, welches im 11. Jahrhundert nach Fleury transportiert wurde (wer einmal in Ravenna war, erkennt den Stil sofort). In der Krypta werden die Reliquien des Hl. Benedikt verehrt. Das Nordportal aus dem 12. Jahrhundert stellt Christus als Lehrmeister im Tympanon dar. Bemerkenswert ist das Triptychon im Türsturz, welches die Überführung der Reliquien des Hl. Benedikt zeigt.
Orléans: Schon bald sind wir am Ende unserer Loire-Reise, doch zuvor entdecken wir noch die Gässchen und Plätze von Orléans. Heutzutage ein Bahnknotenpunkt und Zentrum des Geschäftslebens, ist doch die historische Bedeutung der Stadt als Hauptstadt des mittelalterlichen Frankreichs und Aufenthaltsort von Jeanne d’Arc, einiges interessanter. Im nachgebauten Fachwerkhaus von Johanna von Orléans erfährt man mehr über ihr Leben und sieht Andenken wie ihre Kleidung oder ihr Kriegsbanner.
Die Cathédrale Ste-Croix erhebt sich imposant auf dem Hauptplatz. Die Hugenotten zerstören fast den ganzen Bau im 16. Jahrhundert. Im 17. Jahrhundert wird sie im gotischen Stil wieder aufgebaut. Zum Abschluss gönnen wir uns auf dem Platz der Jeanne d’Arc eine Crêpes Suzette – eine traditionelle französische Süssspeise und unbedingt zu goutieren auf einer Frankreichreise.
Hier geht es zu Teil 1 und Teil 2 meines Beitrages über die Schlösser und Kathedralen im Loire-Tal.
Kennst du dich mit den Wappentieren und -symbolen der französischen Könige aus? Hier ein kleiner Input:
- Karl VII. (1422-1451): geflügelter Hirsch
- Ludwig XI. (1461-1483): Delfin (Dauphin)
- Ludwig XII. (1498-1515): Stachelschwein
- Franz I. (1515-1547): Salamander
- Heinrich II. (1547-1559): Drei verschränkte Mondsicheln
- Heinrich IV. (1589-1610): Zwei Zepter und ein Schwert
Übrigens: Auch Frauen hatten Wappentiere als Symbole, so steht beispielsweise der Hermelin für Anne de Bretagne (1477-1514).
Von der Loire nach Österreich: Hast du meinen Beitrag über Schloss Ambras in Innsbruck schon gelesen?
Bilderquelle: Eigene Aufnahmen. Textquellen: Prospekte der Schlösser.